Chronik von Brittnau Band 2

Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 24 | 43 „Ach nein Herrn, ich bin von je und je nicht wohl beredet gewesen, sende welchen du willst!“ Da mir nun aber die Aufgabe geworden ist am heutigen Tage zu euch zu reden, so will ich beginnen. Wenn in allen christlichen Landen von den Kirchtürmen herab die Glocken erschallen und alle Gläubigen zur Kirche rufen, wenn alle Gewerbe ruhen und das Werktagsgeräusch verstummt ist, wenn (B2_T1_S.052) der Landmann statt auf den Acher zu gehen, dem Glockenrufe folgend im Festgewande andächtig zum Tempel wallt, und sich da für die Seele das tägliche Brot holt; wenn die Hausflur und sogar die Strasse noch gescheuert sind, und überall eine heilige feierliche Stille herrscht, so wissen wir, dass der erste Wochentag, der liebe Sonntag da ist. Wenn dann im ferneren die Sträucher grünen, die Bäume blühen, die Vögel auf den Zweigen ihren Gesang anstimmen, und sich alles neu belebt, so wissen wir, dass der liebe Frühling da ist. Dann öffnet sich der Freude jede Brust, und unsere Herzen sind erfüllt mit Freuden und Lust. Gott hat diese beiden erschaffen zur Erholung und Ruhe für Mensch und Vieh, wir auch zur Unterhaltung der menschlichen Seele mit Gott ihrem himmlischen Vater. Desthalben sind wir jeden Sonntag hier versammelt, um im gemeinsamen Gebete Gott (B2_T1_S.053) zu loben und zu preisen, ihm zu danken für Speis und Trank, Gesundhit und Leben, und jegliche Freude. Unerkennbar wirkt die Freude wohltätig auf jeden Menschen. Sie ist die Würze des Lebens, und der Freude ist der heutige Sonntag besonders bestimmt, denn wir feiern heute ein Fest. Wir feiern Feste, damit wir des Lebens Sorgen und Mühen vergessen, vergessen was hinter uns ist, und uns strecken nach dem das vor uns liegt. Die Feste sind zwar verschiedener Art, doch wenn wir unser Auge erheben, und die Anwesenden betrachten, so sehen wir Menschen von jedem Alter, und besonders eine grosse Schaar Kinder aus den sämtlichen Schulen der Gemeinde, das heutige Fest geschieht unsrer Jugend zu Ehren. Denn wir feiern heute das vierte Jugendfest. Beim Aufblicken der Kinder erinnern (B2_T1_S.054) wir uns an unsere Jugendzeit, die uns keine solche Freude brachte, darum nehmen wir mit umso grösserm Vergnügen an diesem Feste teil. Schon der Anblick der Jugend erweckt in uns eine selige Empfindung, wir freuen und an ihrem Gesange, an ihren munteren Spielen, an allen ihren Fähigkeiten und Kenntnissen. Ja mit nie empfundenen Gefühlen betrachten wir die gefunden festlich geschmückten Kinder. Und wem sollte das Herz nicht warm aufgehen beim Anblick derselben, beim Anblick unserer Nachkommenschaft. Wie wir schon vernommen, stehen wir jetzt an einem frühlings Sonntage in der Kirche. Könnte wir einen solchen würdigen und erhebender feiern als

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI0MTYwMA==