Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 27 von 76 dargereichte Stück Brot aufzufassen, sie nahm auch Geld. Reiche Leute befriedigten sie selbst. Heut zu Tage wird nichts mehr verabreicht, denn es besteht eine Gesellschaft, welche Leichenbitterin entschädigt. Eine grössere Gemeinde wird in mehrere Kreise geteilt, die unsere in fünf, wird aber nicht streng ingehalten. Ist die Leiche eine unverheiratete Person, so wird deren Sarg mit Kränzen & Grabschriften geschmückt & oft wird auch am Grab ein Lied gesungen. Den Wächtern wird Schnaps & den Leichenbegleitern von vermögenden Leuten Wein, Käse & Brot verabreicht. Nach angehörtem Leichengebet gehen die Verwandten ins Wirtshaus & tun sich gütlich, mitunter werden auch die Träger eingeladen. Am Begräbnisstage geht eine Mannsperson den Anwesenden noch die Hand reichen und (B1_T1_S.066) Spricht: Willkommen! Die angesprochene Person antwortet: 1. Tröst euch Gott in eurem Leid, Gott wöll dass ihr eine fromme Seel im Himmel heit. 2. Tröst euch Gott in eurem Leid, das Kindes Seel im Himmel sei. 3. Für euern Kummer ists mir leid, wolle Gott, dass ihr eine Seel im Himmel heid. Der Hausvater antwortet: Ich danke euch, oder: Gebe wills Gott! Zur angesagten Zeit wird die Leiche unter Glockengeläut zu Grabe geführt oder getragen. Früher wurden nach einander mit zwei Glocken geläutet, jetzt nur noch mit einer. Auch hier ist der Aberglaube nicht verloschen. Folgen die Begleiter zerstreut nach: oder die Glocke tönt gedehnt & nachhallend; oder die Leiche ist noch nicht starr: so deutet das auf einen baldigen Todesfall. (B1_T1_S.067) Am Neujahr Ist es Sitte, dass man entweder mündlich oder schriftlich einander Glück wünscht. Der schöne Brauch verschwindet nach und nach. Wenn man in neuerer Zeit Besuche macht, so läuft man Gefahr für einen höflichen Bettler oder Schmarotzer gehalten zu werden. An Neujahr wird geküchelt; Weissbrot oder Zöpfen gebacken oder gekauft. An der Fassnacht wird ebenfalls geküchelt & gegeuggelt. An der Ostern werden Eiser gesotten, gekritzt, Verslein drauf geschrieben, verschenkt & auch gedüpft. Am weissen Sontag werden Eier gelegt & aufgelesen. Am Schnittersonntag gieng früher die ganze Familie ins Wirtshaus & erquikten sich an einem Glase Wein.
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