Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 1 von 76 Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Lehrer und Dorfchronist Der Text wird Wortwörtlich abgeschrieben. Korrekturen werden nur angewendet, wenn es für die Verständigung notwendig ist. Änderungen in der Übersetzungen und Korrekturen werden gemacht, wenn die damalige Schreibweise nicht der heutigen entspricht. Zum Beispiel wird die Schreibweise „th“ in „t“ oder „zz“ in „tz“ in den Wörtern auf die neuzeitliche Schreibweise angepasst und abgeändert. Band 1 / I. Teil (0_Band 1_Inhaltsverzeichnis_B1_Teil I) Inhaltsverzeichnis I. Teil Bewohner 1 - 22 Körpergestalt und Sterberegister von 1696 – 1881 23 - 28 Krankheiten und Pest 29 - 44 Beerdigungskosten und Totenschauer 45 - 46 Kleidung 47 - 52 Beschäftigung 53 - 56* Sprache 57 * Sprichwörter 58 * Vergnügen 59 - 60* Sitten und Gebräuche 61 - 72* Steuerrödel 77 - 90 Brandfälle 1704 – 1878 95 - 102 Störche, Wetter etc. 101a - 115 Wiggerthaler Gesangsfest 115 - 119 Ausserordentliche Ereignisse 120 - 174 * * = neu paginiert
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 2 von 76 (B1_T1_S.002) Bewohner Die ältesten Bewohner der Schweiz, des Aargaus und also auch diejenigen unserer Gemeinde gehörten einem Teutonischen Stamme an, der von Ostasien her über ganz Europa, von den Alpen bis in den hohen Norden sich ausdehnte. Klein von Körper wohnten sie in Erdhöhlen und Felsklüften. Die Erinnerung an dieselben ist durch Geräte von Stein und die Sagen von Elfen und Erdmännchen erhalten worden, wie dieselben sich gleichmässig und gleichgestaltig von der Schweiz weg bis nach Skandinavien vorfinden. Das Urvolk der Steinzeit ist durch eine grösser gebaute Rasse der Bronzezeit, soweit es nicht in (B1_T1_S.002) der Mischung mit ihn aufgegangen, teils aufgerieben, teils von ihm in die unwirtbaren Gegenden des Nordens gedrängt worden, wo seine Resten noch jetzt unter dem Namen der Lappen zu treffen sind. Dieses vollkommene Geschlecht arbeitete sich durch das Jäger und Fischerleben zum Hirtenleben hinauf und schlug seine geselligen Wohnstätten an Tiefen Stellen von Seen und Flüssen auf. Dass auch in unserer Gegend Jäger wohnten, dafür zeugen folgende Namen von Grundstücken: Bärenloch, Fuchsloch und Wolfsgruben. Noch im Jahre 1830 war ein Wolfsgarn oder Netz vorhanden. Füchse und Hasen werden jetzt noch geschossen. (B1_T1_S.003) Die Wigger machte früher viele Krümmungen deshalb wasserreich, schiffbar und fischreich, deswegen müssen auch Fischer existiert haben. Auch an der Pfaffnern standen Fischerhütten was die Sagen von den Namen Freudenberg und Lindenberg andeuten. Das Vorhandensein von Hirten beweisen die Namen von Grundstücken: Brüschweid, Baschiweid, Bettelweid, Birchweid, Bernerweid, Grossweid, Hübelweid, Kalberweid, Kräzerweid, Lismerweid, Stierenweid, Spizzweid, Staudenweid. (B1_T1_S.004) Die Zahl der Einwohner war zu verschiedenen Zeiten verschieden. Anfänglich war sie geringer als jetzt, denn im Jahre 1520 soll Brittnau aus 33 Höfen bestanden haben. Die Lokalnahmen haben sich nicht sowohl vermehrt, als vielmehr vergrössert. Durch Einwanderung, Einkauf und Vermehrung hat sich die Zahl vergrössert; nämlich durch Geschlechter: Ammann, Buchmüller, Hofer, Huggenberger. Durch Zuteilung von
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 3 von 76 Landschaften: Pfluger, Schwertfeger und Heizmann. Durch Zuteilung von zwei unehelichen Knaben: Heckendorn. Vermindert hat sich die Bevölkerung durch verschiedenen pestartigen Krankheiten in den Jahren 1349, 1400, 1417, 1434, 1477, 1520. (B1_T1_S.005) 1525, 1609, 1611, 1612, 1667. Ausgestorben sind die Geschlechter: Freudeler, Von Lo, Lüthi, Sandmeier, Scheurmann, Köferli. Ausgewandert sind im Jahre 1851, 95 im Jahre 1855, 66 Personen, vorher und seither können wohl etwa 39 ihre alte Heimat verlassen haben, so dass die Zahl der Ausgewanderten füglich auf 200 gestellt werden kann. Ein Leichenfeld oder Kirchhof ist noch nirgends gefunden wurden und Leichensteine, Schmuckkästchen, Schleuderstein, Stinnwirtel u.dgl. hat man ebenfalls nicht entdeckt. Auf eine frühere Ansiedlung deutet der Name Heidenhubel. Wahrscheinlich reicht er von den Heiden, Ziehgaunern her. (B1_T1_S.006) Römischen Ansiedlungen befanden sich zu Reinach, Zofingen, Brittnau, Kölliken, Mellingen, Kirchberg, Biberstein, Rüfenach, Rupperswil, Möriken und Brunegg. Die Römische Herrschaft dauerte von 58 vor Christus bis 400 Jahre nach Christus. (B1_T1_S.007) Etwa 136 Jahre stand Helvetien unter den Alemannen, nämlich 400 – 536. Aus ihnen und den ihnen untertänigen Helvetiern bildete sich die Bevölkerung von der wir unsere Herkunft abzuleiten haben. Die aargauische Bevölkerung war in dieser Zeitraum noch Heidnisch. Auf die alemannische Herrschaft folgte im Jahre 536 die fränkische. Ihr König Karl der Grosse führte das Christentum ein und begabte die Kirchen mit dem Zehnten. Nach den Franken kam der Aargau von 920 – 1291 unter die deutschen Kaiser, und litt viel von den Einfällen der Ungarn oder Magyaren. Vor Einbrüche hatten die Befestigung der
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 4 von 76 (B1_T1_S.008) Städte, Erbauung der Burgen und Errichtung der Burgerschaften zur Folge. Von 1291 – 1415 wird der Aargau von östreichisch-deutschen Königen regiert, und von den Strömungen der politischen und moralischen Ereignissen manigfach und bedeutend berührt. Burgen fallen in Trümmer und Dörfer gehen in Flammen auf. Die Fähnlein der Städte und des Adels erscheinen in allen Schlachten. Im Jahre 1415 wird der Aargau von den Eidgenossen erobert. Während dieser Zeit wurde Brittnau von östreichischen Landvögten beherrscht. 1373. Ulrich und Niklaus von Büttikon sassen zu Wykon und Brittnau; und Herr Johann Otimann (B1_T1_S.009) Ist ihr Statthalter geworden. 1469 zu der Zeit hat Junker Thüring von Büttikon seine Höfe Bösenwil und den im Grod samt einem anderen der Steinerhof genannt, samt allen Rechten und Zubehörden der Stadt Zofingen versetzt um 120 Gulden. Darum waren Bürg Junker Ulrich Rohregger, Bürger dr Stadt Zofingen. 1473 Herr Thüring von Büttikon ist Herr von Brittnau. Als Burkhard von Büttikon, Freiherr zu Wykon und Brittnau von einigen Bürgern von Basel 600 Gulden entlehnte und die Stadt Zofingen mit Brief und Siegel sich damit verbürgt, hat derselbe hingegen der Stadt Zofingen dafür eingesetzt und zum (B1_T1_S.010) Unterpfand gegeben, beide Schlösser Hinter- und Vorderwikon, und was dazu gehört mit Leut und Gut, samt aller Kechtungen, Zinsn und Gülten zu Brittnau. Alles nichts ausgenommen. 1475 war Hans Thüring von Büttikon Hauptmann der Aargauer. 1481. hat Herr Hans Thüring von Büttikon Frei- oder Kilchherr zu Brittnau, Bürger von Zofingen, der den Augustinerhof, jetzt zum Bock geheissen, besessen, und allda gewohnt, einen Schultheiss und Rath und die ganze Gemeinde als seine lieben guten Freunden und eine Bürgschaft angesprochen für 100 Gulden rheinisch Hauptgut gegen Herr Kaufen von Hallwyl als Creditoren, für welche Bürgschaft der von Büttikon zur
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 5 von 76 (B1_T1_S.011) Schadlashaltung den von Zofingen zum Unterpfand eingesetzt den Kirchensatz zu Brittnau mit allen seinen Rechten und Zubehörden. Der Brief ist Datiert auf 1481. 1481 Gehörten Brittnau halb an Bern und halb den Edlen von Büttikon und Luternau. 1485 An Herr Thürings von Büttikon Hochzeit ward für Schenkwein ausgegeben 8 Schilling = 48 neue Batzen. 1504 trat Bern seinen halben Teil Brittnau an Rudolf von Luternau, welcher an Bern die Herrschaften Eriswil und Rohrbach verkauft hatte. 1516. Verkaufte Georg von Büttikon seinen annoch besitzenden halben Teil Brittnau an Bern, dieses (B1_T1_S.012) begnadete mit Rath der Ihren, diejenigen, welche an Ehre und Gut des französischen Zuges wegen gestraft wurden. 1533. Die letzten und achtbarsten von Büttikon haben bis zu diesem Jahr zu Zofingen gesessen, hernach ihre Reut und Gülten meistens in die Kloster vergabt und geistlich geworden. Des Georgen Kinder sind hausten in Zofingen weggezogen. Weil die Bernerregierung berechtigt war das Reformationsmandat kurz vom 7. Febr. 1528 im alten Aargau zur Vollziehung zu bringe, so muss dieser Landesteil zum Kanton Bern gehört haben. Bis 1803. Damals wurden nach langen Unterhandlungen am 19. Febr. die Mediationsakte (B1_T1_S.013) Unterzeichnet, durch welche mit dem 10. Merz das Einheitssystem aufgehoben und die ehemalige Bundesverfassung mit wesentlichen Verbesserungen hergestellt wurden. Neben den 13 alten Kantonen traten Graubünden, Aargau, Thurgau, St. Gallen, Waadt und Tessin als neue Kantone ein.
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 6 von 76 (B1_T1_S.014) Zahl der Einwohner. 1856 2‘249 1861 2‘212 Verzeichnis der meisten in hier wohnenden Geschlechter von 1317 – 1872. 1317 Roth 1441 Zimmerli 1504 Pfluger, Schwertfeger 1573 Köferli, Lienhard 1599 Haberstock, Hedinger Uli, Hoffmann, Ling Jakob und Michael Lüscher im Schülerberg, Peter Gili, Aerni, Bienz, Gugelmann, Kunz, Lerch, Lienhard, Siegerist, Suter, Wist, Wullschleger, Häffliger (B1_T1_S.015) 1603 Arzet, Düring Hans, Feldmann, Hirt, Horisperger, Kleinbub, Köferli, Kön, Lindegger, Gabriel, Reitmann Cunrad, Senn, Bader, Wälchli, Leib und Gut, 1604 Ankenmann, Lehmann, Sandmeier, 1605 Griff, Holenstein, Schär, Schärer, 1606 Schwarz, Tschamper, 1607 1608 Griffung, 1609 Schmid, (B1_T1_S.016) 1611 Steiner, Wüst 1612 Veer 1613 Berner Jakob, Räzzeli, Mösch, Danhuser, 1614 Arber, Schwarzwälder, Höngger, Widmer, 1615 Scheurmann, 1616 Eichelberger, Maler, Stirenmann, Etterli, 1619 Bossard, Lanz, (B1_T1_S.017) 1620 Müller in der Altachen 1621 Uli 1624 Meier, Urwiler
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 7 von 76 1625 Bachmann, Bader, Blum 1628 Etschbühler, Frei, Hess Antoni und Friedli, im Schünenberg, 1629 Bidermann, Bürgi Käni, Bühler, Freudeler, Buchmüller, Lanzz, 1632 Thüring (B1_T1_S.018) 1641 Hofer, 1645 Brodler, Künzli, 1654 Lüthi, 1694 Hermann, Melwenberg, Glur, Moor, Franz Hemmann Pfarrer Sohn 25. IV. 1696. 1696 Peier 1700 Gerhard, Plüss 1710 Ammann, Matter, Kofler (B1_T1_S.019) 1736 Mühlethaler 1751 Graber, Hermann Lienz und uneheliches Kind 12. III Merz 1773 Ott 1858 Heckendorn 1861 Huggenberger 18.. Baumann (B1_T1_S.020) Von diesen 103 Geschlechtern sind im 19. Jahrhundert ausgestorben. Scheuermann 1800 Freudeler 1834 Sandmeier 1848 Köferli 1851 Lüthi 1854 Ausgewandert: Heizmann 1851 Noch lebende Geschlechter sind folgende: Roth 1317, Zimmerli 1441, Pfluger und Schwertfeger 1504, Aerni, Bienz, Guggelmann, Kunz, Lerch, Lienhard, Sigrist, Suter, Wiss, Wullschleger 1599. Bader Wälchli, Leib und Gut 1603. Tschamper 1606. Wüst 1611. Widmer 1614. Urwiler 1624. Buchmüller 1629. Hofer 1641. Glur, Moor 1694. Gerhard, Plüss 1700. Ammann 1710. Mühlethaler 1736. Graber 1751. Ott 1773. Hackendorn 1858. Huggenberger
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 8 von 76 (B1_T1_S.021) 1861. Baumann 1728 Folgende Geschlechter haben zwei Männern und einer Frau nach Oftringen gestürt 11 Gld. 13 Bzz. 1 Krz. Die Geschlechter folgen nach ihrer Mehrzahl: Lienhard 9 Plüss 3 Hunziker 1 Gugelmann 8 Hämmann 2 Wulschleger 1 Widmer 7 Hofer 2 Wüst 1 Tschamper 5 Wiss 2 Von Loh 1 Zimmerli 4 Aerni 2 Müller 1 Gerhard 4 Lüti 2 Brönner 1 Köferli 4 Bienz 2 Zinniker 1 Bader 3 Kunz 2 Sandmeier 1 Scheurmann 3 Matter 1 Danhuser 1 Buchmüller 3 Glur 1 Kofler 1 Freudeler 3 Basler 1 Bühler 1 Diese Stür hat ust Befälch eingegangen Cunrad Widmer am 17. Tag Heum. 1728. (B1_T1_S.022.1) Folgende Personen sind in Hier gestorben: Starben Glur Verena Ehefrau des 14.IV. 1852 Joh. Rudolf Köferli 25. I. 1851 Widmer Anna Barbara, geborene Kunz, Schafjakobs Frau 29. III. 1848 Hiltbrunner Joh. Ulrich von Wjssachen Graben Cts. Bern 17. V. 1851 Lüthi J.J., Röser, Vorstadt 4. V. 1852 (so)Mit ist das Geschlecht erloschen Suter Samuel, Anklis in der Vorstadt, starb Kinderlos 4. V. 1852 Moor David, Fennern, Nachtbannwart, verunglückte 8. III. 1853 Von Loo J.J., Seiler, auf dem Scheurberg, ausgestorben 23. XI. 1853 Armin Joh. Scheitt in d. Hald 7. III. 1854
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 9 von 76 (10. VIII. 1795) Dietsch Gottlob aus Zena starb an der Cholora 14. IX. 1854 Strähl Sam. Pfarrer gebor. 14. IX. 1774, gestorben 7. III. 185 Baumann Jakon ab dem Gugger, wegen Beinbruch hinkt 16. IX. 1855 Zimmerli Elisabeth gebor. Lanz, Hebamme 19. V. 1855 (26. III. 1799) Staufer Maria geboren … (B1_T1_S.022.2) Folgende Personen sind hier Begraben … geboren Leib und Gut Ehefrau des Gabriel Staufer 7. VII. 1855 Wälchli Verena geborene Wälchli geb. 10. VII. 1802, gestorben 12. II. 1858 Ammann geb. Christen in Mättenwil 9. X. 1857 (1799 IX. 29.) Lerch Samuel Gemeindeammann in Brittnau 7. VI. 1858 Widmer Jakob Schäfers 16. VI. 1859 Wälchli alt Landjäger 27. X. 1862 Die beiden Letzteren haben sich erhängt. Urwyler Jakob, Maurer Sohn des Vaters blichen Namens. 29. II. 1864 Er erhielt von Jakob Ammann einen Stich in den Unterleib. Wälchli Hs. Jakob gewesener Bannwart 37 Jahren Vater von 13 Kindern 22. II. 1864 Buchmüller Hs. Jakob ebenfalls Bannwart, liegt neben obigem und wurden an einem Tage beerdigt. 22. II. 1864 Ott Johannes, Alter 81 Jahre. … …
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 10 von 76 (B1_T1_S.022.3) Folgende Personen sind hier Begraben Ammann, geborene Weber, Ehefrau des Johs. Ammann 26. I. 1872 Ammann Verena, geb. (Stebernicht) sondern Geiser Frinderichs erste Gattin 13. IV. 1872 Widmer Elisabeth, gebor. Suter, Siegristen Ehefrau 13. XII. 1873 Im Alter von ungefähr 75 Jahren; Denn ihr Vater Samuel Suter Anklisämi, ist im Grauholz im Kampfe gegen die Franzosen gefallen. Der Vater Jakob Huggenberger von Birrwil wohnte seit seinen Jünglingsjahren in Brittnau. Wurde geb. 1787. Kaufte sich im Jahre 1861 in Brittnau ein um die Summe von eintausend neuen Schweizerfranken und starb am August 1864 in einem Alter von 77 Jahren. Sein Sohn Johannes verehelichte sich, allein die Ehe blieb Kinderlos. Seine Frau im ersten Kindbett, und so ist das Geschlecht für Brittnau erloschen. (B1_T1_S.023) Körpergestalt Die meisten Leute sind von mittlerer Grösse, gesund und kräftig. Sie messen 3 ½ bis 6 Fuss. Die Hautfarbe ist bei den meisten weiss mit roten Wangen, auch gibt es sonnengebräunte, gelbe und bleifarbene Gesichter. Die Augen sind blau oder braun. Die Haare sind schwarz, blond oder auch rot. Sie werden von den Mannspersonen kurz getragen. Man unterscheidet, Bartbacken „Knebel“ und Schnurrbärte. Bis ins Jahre 1507 Wurden die Kopfhaare und die Bärte lang getragen. Damals kam das Bartscheren auf, doch gibt es jetzt noch Freunde von Bärten. Zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts trug der Sonnenwirt Bruderli noch einen beträchtlichen Bart, er war etwa ellenlang.
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 11 von 76 (B1_T1_S.024) Die kräftigsten und gesundesten Leute sind die Bauern, denn sie haben hienreichend gute Kost und gesunde frische Luft. Die Weber und Fabrikarbeiter dagegen sehen blässer aus und schmächtiger aus. Stumme, Taubstumme, Cretinen1 trifft man wenig und Blinde keine. Die Brittnauer haben einer guten Gesundheit, frischer Luft und gutem Trinkwasser zu freuen, und dennoch sind hohe Alter selten. Geburt Sterb. Alter 1. Ankenmacher Hans 1693 1777 84 2. Widmer Barbara 1694 1774 80 3. Widmer Hans 1695 1777 82 4. Kunz Abraham, Scheurberg 1774 1855 81 5. Lerch Samuel, Birchsämi 1778 6. Strähl Samuel, Pfarrer 1774 1855 81 7. Wälchli Bernhard im Winkel Geb. 3. X. 1790 gest. 3. II. 1872 1790 1872 81 1 Erläuterung Cretinen, eine Menschenart, die vorzüglich im Walliser-Lande, im Thal von Aosta, aber auch in einzelnen Familien und Individuen in den Thälern der Schweiz, Tyrols, der Pyrenäen, der Auvergne, in Schottland und in den pontinischen Sümpfen vorkommt. Sie zeichnen sich durch Kleinheit der Gestalt, dicken Kopf, krankhafte Augen, erdfahles Aussehen, übelgebildete Glieder, Kröpfe, Heißhunger, Faulheit, Plumpheit, Gefühllosigkeit aus. Ihre geistigen Fähigkeiten sind vom Blödsinn nicht weit entfernt, und wenigstens keiner höhern Ausbildung fähig. Es gibt viele Familien, wo der Cretinismus forterbt, aber auch von gesunden Eltern können Cretinen abstammen. Die heiße, von keinem Zugwind erneute stehende Luft, die Ausdünstungen der Sümpfe, der Genuß des erdigen Wassers, schlechte Nahrung, Aufenthalt in dumpfigen Wohnungen, besonders aber wohl das Einathmen einer sauerstoffarmen und kohlenstoffreichen Luft scheinen die krankhafte Ausbildung der Menschen in den Thälern zu begünstigen. Dem häufigen Genuß des Kaffees, dem Verbot der Ehen zwischen Cretinen, dem Anhalten zur Arbeit, dem Erziehen der Kinder auf den umliegenden Bergen und der Verbesserung der Wohnungen ist es zuzuschreiben, daß die Cretinen jetzt an Zahl abnehmen. http://de.academic.ru/dic.nsf/damen/1580/Cretinen
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 12 von 76 (B1_T1_S.025) 8. Frau Abraham Kunz 1779 1872 Erreichte ein Alter 7. Tg. 4 M. 92 9. Samuel Ammann im Graben zu Brittnau, beerdigt am 2. Winterm. 1792 1872 80 10. Joh. Widmer Haufeschmid im Ausserdorf, Vater von drei Söhnen: Bernhard, Salomon, Joh. Jakob. 1724 1810 85 11. Am 21. Febr. 1874 wurde J.J. Graber, im Graben beerdigt. Zur grossen Seltenheit feierte er mit seinem Weibe geborene Plüss die goldene Hochzeit. Sie erzeugten folgende Kinder: Samuel, Bernhard, Samuel, Johannes, J. Jakob, Bernhard, Maria, Elisabeth, Barbara, M. Anna, M. Elisabeth, Rosina. Geboren im Merz 1787 1874 86 (B1_T1_S.026) 1874 Gestorben in Zofingen, nämlich auf Bottenstein am 8. Mai, Moor Bernhard, Moorrees, früher in der Vorstadt wohnhaft gewesen. Er wird geboren am 28. Merz 1796 und wurde in Zofingen beerdigt am 11. Mai 1874. Erreichte daher ein Alter von 78 Jahren, 1 Monat und 20 Tagen. Er hinterlässt 4 erwachsene Söhne: Bernhard, Jakob, Johanes und Samuel, 4 Töchter: Maria, Elisabeth, Maria Anna und Maria Elisabeth. 1861 Gestorben in Bötschishalden zu Brittnau Johannes Wälchli, Schüzzwälchli genannt, alt Gemeind. wart geboren 1782 und gestorben 1861 in einem Alter von 79 Jahren. (B1_T1_S.027) 1876 Widmer Jakob war der Sohn des Joh. Ulrich Widmer Decker“Hans“ Ulis und der Verena Scheurmann, Tobeisle. Schon sein Vater und Grossvater waren schon Sigrist wie dieser. Er wurde geboren am 14. Mai 1800. Seit dem 16. Febr. 1832 war er Sigrist & Totengräber bis ein Sohn Jakob ihn ablöste. Er starb am 17. Wintermonat 1876 & erreichte demnach ein Alter von 76 Jahren, 6 Monate & 6 Tagen. 1877
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 13 von 76 Starb am 8. August 1877 Joh. Jakob Wälchli, Niggel, in der Rosswied, Vater von 7 verheirateten Kindern. 5 Söhne & 2 Töchtern. Er ward geboren im Jahre 1799. Erreichte also ein Alter von 78 Jahren. 1879 Am 31. Jenner starb Samuel Kunz, Abrahams, auf dem Scheurberg. Heiratete Maria Elisabeth Wälchli, Weibels. Er starb Kinderlos in einem Alter von beinahe 80 Jahren. (B1_T1_S.028) 1880 Urwyler J.J. alt Gemeinderat, wurde geboren am 4. Jenner 1804 und starb am 22. April 1880; erreichte also ein Alter von 76 Jahren, 3 Monaten und 18 Tagen. Mit ihm, in seiner Person ist ein allezeit fröhlicher, unterhaltender & arbeitsamer Mann ins Grab gestiegen. Die erste Leiche auf dem neuen Kirchhof auf dem Feld. 1881 Wälchli Anna Maria, Ehefrau des Wälchli Bernhard, alt Gemeindeammann, im Winkel, wurde geboren am 4. Mai 1797 und ist gestorben am 2. Febr. 1881, also in einem Alter von 83 Jahren, 8 Monaten & 28 Tagen. (B1_T1_S.029) Krankheiten und Pest 958 In diesem Jahr ist ein solcher Aussatz an die Menschen gefallen, dass man wegen zu grosser überhand nehmender Ansteckung, bei den meisten Städten Latzarete und Siechenhäuser zu bauen anfing. 988 Da dieser Sommer so ungewöhnlich heiss und trocken war, dass die Feldfrüchte verdorret und nicht zeitigen konnten, so entstand eine grosse Hungersnot, worauf die Pestilenz erfolgte, an welcher viele Tausend Menschen starben. (B1_T1_S.030) 1055 Auch in diesem Jahr war die Teuerung so gross, dass über 2/3 Menschen vor Hunger starben. 1095 In diesem Sommer ist aller Orte ein durchgehender Landsterbet ausgegangen, man konnte die Toten nicht mehr ordentlich begraben, sondern musste sie in grosse Gruben zusammenlegen.
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 14 von 76 1314 War so grosse Teuerung, Hungersnot und darauf ein grausamer Sterbet. 1348 Pest oder Schwarzer Tod. Im Jenner dieses Jahres war ein so entsetzliches Erdbeben, dass die Erde an vielen (B1_T1_S.031) Orten gespalten, woraus do giftige Dunste emporstiegen, dass das Jahr 1349 darauf die Pestilenz ausbrach, und mehr als die halbe Menschen starben. In Zofingen und in dem Aargau starben fast alle Geistlichen. Viele Städte, Flecken und Gegenden starben aus. Nicht allein wider die Menschen, sondern auch wider die Tiere wütete die Seuche. Vögel fielen aus der Luft tot auf die Erde. Wilde Tiere lagen in den Wäldern und Höhlen tot ausgestreckt. Was vom zahmen Vieh übrig geblieben war, irrte aus Mangel an Besorgern auf den Feldern herum. Kein Priester wollte die Kranken besuchen und nur wenige liessen sich durch schwere Geldsorten bewegen und mieden, die Toten zu begraben. Zu Bren wurden die Juden (B1_T1_S.032) der Brunnenvergiftung verdächtig gerädert, und in Zofingen wurden sie verbrannt. 1366 Brache abermalen die Pestilenz aus, welche über ein Jahr angehalten. 1395 Starben wieder Leute an der Pest. 1400 War in Zofingen und aller Orten ein grosses Sterben unter den Menschen und dem Vieh. Die Krankheit zeigte sich in grossen hitzigen und giftigen Blattern, und war unheilbar. Die Juden wurden derselben beschuldigt, und vielen derselben umgebracht. (B1_T1_S.033) Herrschte eine böse Sucht unter den Leuten, sie bekamen Mund und Zungen weiss wie Schimmel, Kopfweh und pestilenzartige Fieber. Wer sollte erhalten werden, dem musste alle Stund Mund und Zunge mit Rosenhonig gefegt werden. 1439
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 15 von 76 Erhebte sich in hiesiger Gegend ein grosses Sterben, dass nur zu Bern öftermalen des Tages 24 Leichen zu Grabe getragen wurden. 1450 Regierte die Pest an vielen Orten sehr stark. (B1_T1_S.034) 1477 Neben der Teuerung hielten sich auch Sterbensläuf, insonderheit bei Weibern und jungen Kindern, und spürte man die Ruten und wohlverdienten Strafen Gottes genügsam in der Eidgenossenschaft. 1520 Kam eine den Ärzten ganz unbekannte Krankheit ins Land, die man den englischen Schweiss nannte, woran viele Menschen sturben. Wer davon befallen wurde, musste unter beständigem Schwitzen niessen, worauf ein plötzlicher Tod erfolgte. Das gab Anlass den Niessenden zuzurufen: „Helf dir Gott“. (B1_T1_S.035) 1524 Bei dem Treffen, das am 21. April vor Bicoqua im Mailändischen vorfiel verlor das eidgenössische Heer, das bei dem französischen im Felde stand über 3200 Mann, darunter über 300 Mann aus dem Berngebiet, worunter Jakob von Büttikon und 3 andere Bürger von Zofingen, dies unglückliche Treffen verursachte allenthalben viel Unruhe, überdies fing die Pest daselbsten so grausam zu wüten an, dass von 13000 Eidgenossen nicht mehr dene 4000 und zwar ganz krank auf Wägen heim kamen. Viele wurden in die Spitäler gelegt, andere von den ihrigen gepflegt, die meisten aber starben dahin. Von den Zofingern waren annoch 9 gestorben, Wahrscheinlich ward durch die vorigen Jahre aus dem Mailändischen (B1_T1_S.036) Krieg zurückgebrachten Pestkranken diese Seuche hier im Land verbreitet, denn sie fing so fürchterlich an zu grassieren, dass in Zofingen bei 1200 Personen daran sturben, und oftmalen 10 und mehr Leichen in ein Grab oder Grube gelegt wurde. (B1_T1_S.037) 1526 Die Pestseuche hielt in diesem Jahr ummer noch an, und sturben noch viele Menschen daran. 1542 & 1543
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 16 von 76 Die am End des vorletzten Jahres eingerissene Pest hatte in diesem Jahr sehr wieder zugenommen, so dass viele Menschen daran sturben. 1552 Die Pest finge in diesem Jahr wieder zu wüten an, und wähnte auf das folgende Jahr 1553 Hindurch bis in den Herbstmonat, so dass in diesen zwei Jahren an Bürgern und Kirchhörigen zu Zofingen bei 1200 Personen in der Stadt begraben wurden; da wurden hinter der Schützengesellschaft grosse Gruben gemacht, und 20 bis 30 Leichen in eine zusammengelegt. 1565 Im Augustmonat hub wieder ein grosser Sterbes an, und wurden in diesem und vorvorher gegangenen Pesten in Stadt und Landschaft Bern auf 37690 gestorbener Personen gezählt. (B1_T1_S.038) 1597 In diesem Jahr wütete die Pest abermalen so fürchterlich, dass in der Stadt Zofingen 76 Ehen geschieden, 18 Ehen und 11 Geschlechter ganz ausstarben, und in allem an 528 Personen begraben wurden. 1609 Dieses Jahr hube auch wieder die Pest zu grassieren an, und wütete mehr als ein Jahr, binnen welcher Frist 378 Personen aus Zofingen, und 779 äussere Personen, zusammen 1157 Personen an derselben gestorben. Die zwei Brüder von Luternau die letzten dieses Geschlechts, so zum weissen Kreuz gewohnt, starben an dieser Pest. Sie grassierte von 1609 – 1612 fing im Kanton Basel an und richtete ihre grössten Verwüstungen an durchs Luzernerbiet und durchs Aargau hinab, dass fast ganze Dörfer ausstarben. In Zofingen fing sie an zu Verena, das Jahr 1611 wird überhangt das grosse Totenjahr (B1_T1_S.039) genannt für die Schweiz. 1667 Am 18. Herbstmonat erzeigte sich die Pest zurück zu Strengelbach. Sie soll von einem Strengelbacher, der als Fuhrmann aus dem Elsass kam, ins Land gebracht worden
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 17 von 76 sein, der auch daran gestorben und auf dem Stadtkirchhof begraben worden. Da die Strengelbacher gegen das Verbot aus ihrem Dörflein gingen, so verbreitete sie sich schnell in die umliegenden Gegenden, deswegen wollte Zofingen die Toten der 4 äussern Gemeinden, zu welchem annoch die von Safenwil kamen, nicht mehr auf ihrem Kirchhof in der Stadt begraben lassen, sondern steckten ihnen vor dem untern Tor zwischen beiden Wegen etliche Bünten und Gärten zu einem Gottesacker ab. Allein die Gemeinden Strengelbach, Vordemwald, Niederwil und Oftringen wollten solches nicht annehmen, und schickten darauf acht Männer nach Bern, um sich darüber zu beschweren; allein Zofingen schickte auch in der Eil eine (B1_T1_S.040) Gesandtschaft dahin, welche daselbst diesen Gegenstand nach Wunsch vortrugen, und die äusseren Gemeinden den Befehl erhielten, für sich einen Gottesacker zu Oftringen und einen zu Strengelbach zu errichten, welches auch geschehen. Brittnau hatte damals schon einen eigenen Kirchhof um ihre Kirche herum. Da indessen die Pest auch in der Stadt eingerissen, so ward der Gottesacker vor die Stadt gelegt, und die halbe Schützenmatt dazu bestimmt. Die Pest regierte in Brittnau vom 8. Herbstmonat 1667 bis 3. Hornung 1668. Dazwischen sind gestorben an der Pest bi 136 Personen, sonst bi 8 Personen. Im selbigen Jahr ist das Chorgericht yingestellt gsin. Der Schuhmacher zu Schulerslehn hat usglassen: die Bärner müssen um ihr Volk kommen, denn welche an dieser kezerischen Krankheit nit sterben, henken sich selbst. [Chorgerichtsmanual] 1799 Herrschten die Blattern. (B1_T1_S.041) 1839 Herrschte die Ruhr. 1829 Brach die asiatische Cholera – Pest aus Asien in Russland ein. Sie durchzog in südwestlicher Richtung während den Jahren 1830, 1831, 1832 und 1834 die östreichischen Staaten, Schweden, Preussen das nördliche Deutschland, so wie das nördliche Frankreich, England, Portugal und Spanien. Hauste in Städten und auf dem Lande, hat aber vorzüglich die Hauptstädte dieser Länder stark heimgesucht, und im Ganzen in Europa mehr als 1 Million Menschen hingerafft. Die Schweiz blieb von dieser Krankheit ganz verschont. Die Krankheit war ansteckend, sehr beängstigend und schmerzhaft tötete schnell. 1851
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 18 von 76 Herrschte die Blattern 1856 Das Sterrenfieber. 1869 Lagen die Hälfte der Schulkinder an der Rotsucht. (B1_T1_S.042) 1799 Wurden die Schutzblattern eingeführt. Seither werden alle Kinder von 6 – 18 Monaten geimpft. 1871 Ward die Schule wegen den Blattern vom 1. Bis 18. Hornung eingestellt. (B1_T1_S.043) Gewöhnliche Krankheiten sind: Halsweh, Seitenstechen, Husten, Magenweh, Bauchweh, Wassersucht, Gliedersucht, Rotlauf, Entzündungen der Augen, Zahnschmerzen, Krätze, Harnbeschwerden, Würmer, Gichter. Trotz Salben und Pulver haben hatten sich die Kröpfe noch immer halten können. (B1_T1_S.044) (leere Seite) (B1_T1_S.045) Beerdigungskosten. Gld. Bzz. Xr. 1777 am 6. Jenner. Für einen Totenbaum 1 5 -- Das Grab zu machen -- 5 -- Den 4 Trägern 1 5 -- Dem Schulmeister für das Leichengebet -- 5 -- 1779 am 22 Merz den J.J. Lienhard Bruder des J.J. Lerchen Witter im Acker, Sarg und Beerdigungskosten 1 9 2 1797 der Einladerin 1 -- -- Dem Schulmeister Ott das Leichengebet zu halten -- 7 2
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 19 von 76 Dem Totengräber für das Grab und Läuten -- 10 -- Für den Verstorbenen in den Kirchhof zu führen 1 -- -- 1805 Für das Leichengebet -- 6 -- Für das Grab -- 8 -- Für den Sarg und Ruess -- 10 -- 1804 am 31. Jenner wird ein Gesetz zur Einführung einer Toten- (B1_T1_S.046) Beschau herausgegeben. Demzufolge musste ein Totenbeschauer bestellt werden, welcher nach gegebenen Vorschriften die Leiche zu untersuchen hat. Gewöhnlich war der Wächter auch Totenbeschauer von Aerni Samuel 1827 bis 1846 Glur David 1846 bis 1860 Buchmüller J.J. 1860 bis 1864 Bienz Johannes, Grabers 1864 bis Buchmüller David, Wegknecht Widmer Gottlieb (B1_T1_S.047) Kleidung Was die Kleidung unserer Vorfahren betrifft, so war sie in Schnitt und Stoff anders als jetzt, doch würde man sich täuschen, wenn man glauben wollte, es hätte kein Luxus in derselben geherrscht. Die Männer trugen weite gefärbte Pluderhosen, wo man, obwohl sie nur bis an die Knie reichten, zu einem einzigen Paar der Sage nach 99 Ellen Zwilch bedurfte; ferner lange rote Westen, ein Hemd ohne Kragen, einen niederen breitkrempigen Wollhut, oder ein weisse baumwollene Zipfelkappe; Strümpfe von Närdlingertuch, und Schuhe mit Schnallen lange rote Röcke waren allgemein. Wenn das Wetter es aber erlaubte, ging männiglich, ohne den Gerichtsäss daran auszunehmen, ohne Rock, hemdärmelig zur Kirche. Nun ist die Nationaltracht der Schweizer verschwunden, sie hat den fremden Trachten und Moden weichen müssen. Ein sonntäglich gekleideter Mann …
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 20 von 76 (B1_T1_S.048) … trägt Schuhe ohne Schnallen oder Stiefel, Hosen bis auf den Boden reichend, entweder weit oder ganz enge mit einem breiten oder schmalen Latz oder mit einem Schlitz. Das Hemd hat einen breiten Saum und einen schmalen Kragen. Die Weste wird nicht ganz zugeknöpft, damit der Saum des Hemdes sichtbar bleibt. Die Fräcke sind selten, man trägt Röcke und Burnusse2. Die Kopfbedeckung war eine Kappe von Tuch mit einem Schirm und Sturmband. Jetzt aber man selten mehr Kappen, dagegen wurde Filzhüte, Form und Farbe sind Modesachen. In der Westentasche steckt eine Zylinderuhr oder Ankeruhr die Spindeluhren sind zu gemein. Die Weibspersonen trugen früher Glockentschopen ohne Brustlatz oder Brustdeckel, Wambisch genannt; ein kurzes geringtes Jüpplein von Chuder, Trieschen oder Halblein mit den Haften und dem Brisnestal, und am Sonntag rote Zwickelstrümpfe, um welche sie oft unter Landvogtzeiten um die Wette (B1_T1_S.049) vom Schneidbach gegen dem Wykerschloss herunter sprangen. Die Schuhe hatten zwei bis drei Zoll hohe Absätze und wurden Stöcklischuhe genannt. Jetzt ist die Bernertracht eingeführt. Eine lange blaue oder schwarze Jüppe von sehr verschiedenem Stoff, ein Corset, ein Göller mit schweren Ketten von Silber oder anderem Metall, ein Mänteli reinweiss gewaschen und fein gefältelt oder sogar gofferirt; ein Tschopen, dessen Schnitt immer wechselt. Eine Zeitlang wurden Schlütten nach verschiedenem Schnitt getragen, jetzt aber Talma mit weiten Ärmeln, in denen der Vorderarm aussieht wie ein Schwengel in einer Glocke. Die Kappen mit den rosshäärenen Spitzen, welche den Kopf wie eine Heiligenschein umgaben sind nicht mehr, es wurden eine Zeitlang Hauben getragen, jetzt aber auch Hüte. Über die geputzte Dame, die ein Körblein trug, jetzt aber eine mit Schloss versehene Tasche trägt wird noch ein kostbarer Schaal geworfen. So gehen die Weibspersonen vermöglichern Standes (B1_T1_S.050) Zur Kirche und zu Markt. Seit 1865 werden unter den Röcken und Jüppen, Reifen sogenannte Krinolinen getragen. Diese Mode hat bei jungen und alten, reichen und armen Anklang gefunden. 2 Ein Burnus (arab. burnus, auch selham) ist der weite Kapuzenmantel der nordafrikanischen Männer (sowohl Beduinen als auch sesshafte Bauern). Ein Burnus hat meist keine Ärmel und wird vorn offen getragen. Der Burnus wird über dem Unterzeug getragen. Seit dem napoleonischen Ägyptenfeldzug und der französischen Eroberung Algeriens 1830 lässt sich eine Entlehnung des Wortes in die europäischen Sprachen nachweisen. Besonders in Oberösterreich wird das Wort auch heute noch als Bezeichnung für Mäntel und Jacken gebraucht. https://de.wikipedia.org/wiki/Burnus
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 21 von 76 1470 War in der Eidgenossenschaft grosse Pracht und Üppigkeit. Da ward von mine gnädigen Herren von Bern zu Stadt und Land verboten, Schnabelschuhe zu tragen, noch Kleider die mit Gold oder Silber gestickt seien, und alle leichtfertigen Kleider, die die Scham nicht recht bedecken. Der Schneider so solche macht, soll mit zwei Gulden bestraft werden. Item es sollen in Zukunft ausser dem Ehestand nicht mehr, wie eine Zeit her, Manns- und Weibspersonen miteinander leben, wie es sich nicht geziemt; auch jedermann sich vor Fluchen und Schwören hüten, und das Spiel ausserdem Brettspiel verboten sein. 1507 Zu der Zeit kamen viele fremde Sachen ins Land. Allerhand seidene Modenkleider, (B1_T1_S.051) Fremd ausländisch Tuch von allerhand Farben, daraus die Moden-Schneider die wunderlichsten und ärgerlichsten Kleider machten, so dass sich seit 3 bis 4 Jahren die Sachen gar sehr änderten. Dies alles haben Mannspersonen und die Mätzen, so aus den fremden Kriegen heimkommen, ins Land gebracht; unter den Mannspersonen kamen auf: Sturmbarettli, Zottelhut, lange Röcke, gefaltete Mäntel, Leibröckli mit weiten Ärmeln, seidene Wamsli mit seidenen Schnüren besetzt, daran silberne Knöpfli waren. Die Bauern huben auch an, seidene Kleider zu tragen, haben weite Hosen mit ausgefüllten anhangenden Hosenlätzen gar spöttlich, kurze gefarbete Strümpfe; verbändeltren, weit ausgeschnittene Hemden, gingen in blossen Hosen; mit einem gar kurzen Wamsli, mit gefarbeten Banden, das Hemd über die Hosen hinaus hangend, die Schuh mit Bändeln; trugen lange beschlagene Schweizerdegen, mit breitem (B1_T1_S.052) Gehenk, daneben ein Besteck hangend, darinnen ein Messer, ein Dolch und ein Pfriem war; auch an dem Hosenlatz oder an dem Wamsli hinge eine Tasche oder Seckel; auf dem Barett oder Zottelhut obbemeldt vorn ein Busch von Straussenfedern von allerhand Farben; auch kame zum erstenmal auf das Bartscheren, springen, tanzen, und das Kartenspiel. Unter den Weibsleuten kamen auf: allerhand seidene und gefärbte Modefarben, hohe Buschhauben, mit Banden und Spitzen geziert, seidene Einflechte, weisse zarte Schleier oder Tüchli, erhabebe Brusttücheer, allerhand gefärbte seidene Göller mit
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 22 von 76 Band eingefasst, Schauben oder Kitteli mit langen engen Ärmeln mit Seiden gesteppt; allerhand farbige, seidene Unterröck, mit zerteilten Farben und zerschnittene Gelenken; lange hinabhangende, breite schöne Gürtel, daran ein beschlagenes Messerbesteck und geknöpfelter, ausgestaffierter Geldsekel hing; (B1_T1_S.053) Beschäftigung Die Hauptbeschäftigung der Brittnauer bestand in der Landwirtschaft und der damit verbundenen Viehzucht. Die ärmsten Familienbetriebe hatten wenigstens ½ Juchart Allmend (Loosrüti) und die meisten hatten halten ein bis mehrere Ziegen. Die Hausbesitzer haben ein bis zehn Kühe. Auch Ochsen und Pferde werden zum Ziehen der Wagen und Pflüge gehalten. Fast in jedem Hause wird gewoben. Darum machen die Weber und Weberinnen unter den gewerbetreibenden Einwohnern die Mehrzahl aus. Wenn diese Beschäftigung fehlt bricht Mangel und Not ein. Mit dem Weben ist das Spulen verbunden. Das letztere ist ein kärglicher Verdienst, von 100 Schnellern 35 – 40 Cts. 1804 war David Widmer Schreiber der Weberzunft. Die Weberei (B1_T1_S.054) War also damals noch zünftig, muss aber vor 1830 aufgehoben worden sein. Der Lehrling musste Lehrgeld bezahlen, sich aufdingen und freisprechen lassen von der Meisterschaft. Das geschah auch nicht unsanft. Damals durften weder Schüler und Unterweisungsknaben noch Weiber zugelassen werden. Vor 1812 wurde alles von Hand gewoben. Wenn man einem Handweber zuhorchte, so machte es: „Jsrael tra! tra!“ Seit 1812 hat man Schnelladen mit einer Pritsche, in der die Schiffle sich befinden. Natürlich sehen die Laden, Schiffle und Leere sehr verschieden aus. Da Hanf und Flachs gebaut wird, so wird im Winter gesponnen, allein der grösste Teil der Risten, Barten und Chuder wird in der Maschine gesponnen. Die Die Spinnmaschine und die mechanische Weberei haben dem allgemeinen Wohl mehr genommen als gegeben. Denn früher wurde alles von Hand gemacht, und die Garne und Tücher waren dauerhafter. (B1_T1_S.055) Zu unserer Gemeinde werden überdies folgende Gewerbe getrieben: Vertreten sind folgende: Maurer Bäcker Zimmerleute Müller Decker Metzger Schreiner Wirte Kaminfeger Krämer
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 23 von 76 Glase Bienenwärter Ziegler Käser Sager Bierbrauer Steinbrecher Schnapshändler Hafner Schneider Wagner Schuster Schneider Näherinnen Küfer Tuchfabrikanten Seiler Uhrenmacher Sattler Posamenter Rechenmacher Viehärzte Drahtarbeiter Hebammen Korbmacher Holzspalter Drechsler Cigarrenmacher Spengler Barbiere Büchsenmacher Scherenschleifer Besenbinder Brunnenmacher Garnbuher Buchmacher (B1_T1_S.056) Nachstehend genannte Gewerbe wurden nicht betrieben: Brillenmacher Kerzenmacher Eiersammler Knopfmacher Färber Kürschner Feilenhauer Kappenmacher Gipser Messerschmied Glasfabrikation Nagelschmied Gerber Maler Goldschmied Pfeifendrechsler Geflügelhändler Pfeifengiesser Geschirrhafner Photograph Hammerschmied Seifensieder Hutmacher Spiegelmacher Holzhändler Strumpfmacher (B1_T1_S.057) Sprache Die teutsche Sprache wird in einem eigentümlichen Dialekt gesprochen. Die meisten Leute sind arm an Ausdrücken, bekräftigen ihre Aussage mit Beteuerungen und Schwüren, bei Zornausbrüchen hört man nicht selten Flüche. Die Leute sind in ihrer
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 24 von 76 Aussprache fast unhöflich und grob, weil sie wenig lesen und dann das Gesehene sich nicht aneignen können. Zu neuerer Zeit ist viel zur Verbesserung der Sprache geschehen. Da sind zwei Bibliotheken, mehrere Gesangvereine, eine Trachtengesellschaft, freundschaftliche Cirkel u.a.m. allein all das Gute fällt nicht auf gutes Erdreich. Nach fünfzig Jahre wird man statt Geld – Gäud; Welt – Wäut; statt Fuchs – Fochs: Brille – Brülle; statt Geflügel – Geflögel: Holz – Houz; Maler – Moler sprechen. Mehrere Personen sprechen französisch. (B1_T1_S.058) Sprichwörter Ring derzue, ring dervo. Wurst wider Wurscht. Brönnti Chender förchte s Für. Mit Gwalt lüpft me e Geiss hinden ume. Mitnoh loh günnt. Wenn me d Woret seit, so gohts übel. Churzes Hoor ist gli bürstet. Si no der Deche strecke. Ab eim Nagel a der ander henke. s Blut unter de Nägel füre drücke. Er het Werch a der Chunkle. Will me um d’Schüür ume lauft, muess me nit trösche. Er brönnt am Morge s’Höfeli i, dass er am Obe cha brönne. Der Holzschlegel chalbert ufem Estrich obe. De macht i zwee Tage mehr as in eim. Er meint es chöm nur a d’Händ ene. Er het es Rädli zviel im Chopf. Er rüeft de Chräie. (B1_T1_S.059) Vergnügen 1. Der Tanz an den gewöhnlichen vier Tanzsonntage, Bärzelistag, und Hirsmontag. 2. Die Maskenspiele am Hirsmontag, früher auch am Bärzelistag. 3. Die Kirchweihen im Herbst. Eine Nachahmung der Katholiken. 4. Das Kegelspiel, Kugelnwerfen, Kartenspiel, Brettspiel, Damenspiel, Neunestein … . Kugelnwerfen von den Jahren 1864, 1866 habe Verzeichnis, wenn ich sie nur fänd. 5. Das Taback Rauchen & Schnupfen. 6. Der blauen Montag mit irgendeiner Belustigung.
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 25 von 76 7. Das Nachtschwärmen & Branntweintrinken. Früher hörte man nicht selten ein schönes Lied singen auf der Strasse, manchmal gab es auch Schlägereien. Jetzt ist alles still und stumm. 8. Zeitweise bestehen auch Gesangvereine. Sie lösen sich aber bald wieder auf. (B1_T1_S.060) 9. Das Lesen. Seit 1844 besteht eine Bibliothek. Wir aber wenig benutzt. 10. Seit 1861 besteht eine Theatergesellschaft. Die Mitglieder sind aber nur locker mit einander verbunden. Es wurden gespielt: Wilhem Tell, 1861 auf letzten Sonntag im April und an der Auffahrt. Die Mättenwiler Schüler am 11. August. Die Hexe von Gäbistorf von Kramer am 17. & 24. Nov. 1861. – Die Toni von Körner; die Rettung; die Versöhnung; die Räuber auf Maria Kulm; die Räuber im Schwarzwald; der Bauernkrieg, der Fabrikler; u.a. 11. Auch die Musikgesellschaft hat das Publikum erfreut, ist aber bald zerfallen. Was nicht durch das Gesetz geboten ist, hat keine n Bestand. Wenn man bei einer Gründung einer Gesellschaft die besten & unrigenuntzigsten Absichten hat, so wird sie doch begeistert, oder die Gesellschaft wird uneins und löst sich auf, weil die Opfer zu gross sind & die Gesellschaft vom Publikum nicht unterstütz wird, wie es geschehen sollte. (B1_T1_S.061) Sitten & Gebräuche. Die Kindestaufe Werden Eheleute mit einem Kinde beschenkt, so sucht der Vater bei Bekannten und Verwandten Taufpaten. Die Paten sollen alle guten Eigenschaften besitzen. Sie vor allem aus reich & freigebig sein, damit das Kind reiche Gaben bekomme. Sie sollen ferner hübsch, beredet, klug, sparsam, arbeitsam, freundlich usw. sein, weil das Kind gewöhnlich dem Götti oder der Gotte nachschlagen. Die Patin darf nicht nach des Kindes Namen fragen, das Kind werde sonst gwunderig. – Wenn das Mädchen vor dem Knaben getauft werde, soll es einen Bart bekommen. Schreit das Kind während der Taufe, so werde es nicht alt. Zu der Wohnung der Eltern oder im Wirtshause wird ein Schmaus gegeben, wobei man sich angenehm belustigt und unterhält. Das Kind erhält gewöhnlich den Namen der Eltern oder Taufgaten, von einem bis auf vier. (B1_T1_S.062) Die Hochzeit Wenn zwei Brautleute sich trauen lassen wollen, so gehen sie zuerst ins Wirtshaus & nehmen einen Trunk zu sich, darnach begeben sie sich mit oder ohne Begleitung in die Kirche, nach beendigter Kopulation ziehen dann zum eigentlichen Hochzeitschmaus. Manche lieben es, wenn es recht geräuschvoll zugeht, durch
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 26 von 76 Schiessen, Musik, Gesang, Tanz & Läuten mit allen Glocken. Gewisse Leute haben das Läuten also gedeutet: Erstes Zeichen, ins Elend; zweites Zeichen: Wie lang? Zur Antwort gibt das Läuten mit allen Glocken: Die Leben lang! – Der Bräutigam & die Braut werden oft aufgehalten mit Stangen und der Frage: Was ist die Braut wert? Der Bräutigam muss Geld antworten. Wie schon gesagt war früher mit Böllern, Mörsern und Katzenköpfen geschossen wurde & nicht selten mit Unglück absetzte, ist aus der Mode gekommen. Es wird jetzt in aller Stille geheiratet. Auf dem Wege (B1_T1_S.063) Nach der Kirche soll den Leuten welche Hochzeit machen, keine Weibsperson begegnen, es bedeutet Unglück. Ebenso auch kein Glück wenn es schlecht Wetter ist oder eine Leiche zu Erde bestattet wird. Beim Essen Wenn die Speisen aufgetragen worden sind, setzen sich alle Familienglieder an den Tisch, worauf vom Hausvater oder der Mutter, manchmal von einem Kind ein Gebet gesprochen, oft aber auch nur geplappert wird. Beim Anfang oder vor dem Essen: Aller Augen warten auf dich. Nach dem Essen: O Herr Gott wir sagen dir… Nach dem Amen greifen alle zum Löffel & schöpfen gemeinschaftlich aus einer Schüsse, wobei es oft zum Ekel gsürflet & gorpset wird. Nur in wenigen Haushaltungen wurden serviert, in neuerer Zeit mehr. Ist jedes satt, oder wird nichts mehr aufgetragen, geht jeder an sein Geschäft. Kommt während dem Essen jemand, so spricht er: (B1_T1_S.064) „Gott segn echs!“ Der Hausvater dankt, & ladet den Gast zum Essen ein, worauf die Tischgenossen zusammen rücken & dem Geladenen Platz machen. Manchmal nimmt der Geladene das Anerbieten an, oder er schlägt es bescheiden aus. Bei Begräbnissen Ist in einem Hause eine Person gestorben, so wird die Leiche in ein Leichentuch eingenäht oder angekleidet, gewaschen und nötigenfalls rasiert. Das Waschlätzchen wird um den Stamm eines kranken Baumes gebunden, in der Meinung er werde dann geheilt. Der Hausvater oder Sohn begibt sich zum Pfarrer & kündet die Leiche an. Der Bestimmt die Beerdigungszeit. Die Leiche muss dem Totengräber & Totenbeschauer ebenfalls angezeigt werden & der Sarg bestellt. Die Totenbeschau wurde im Jahre 1804 angeordnet. Nach derselben darf keine Leiche vor 48 Stunden begraben werden. Zu den Nächten in denen die Leiche im Hause liegt, wird dieselbe (B1_T1_S.065) Von Männern bewacht, teils zur Ehren, teils um diese Leiche zu beobachten, ob sie noch Lebenszeichen zeige. Eine Weibsperson (Umsägere) bittet die Leute auf die bestimmte Zeit zum Leichenbegleit. Früher nahm sie ein Säcklein mit sich, um das
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 27 von 76 dargereichte Stück Brot aufzufassen, sie nahm auch Geld. Reiche Leute befriedigten sie selbst. Heut zu Tage wird nichts mehr verabreicht, denn es besteht eine Gesellschaft, welche Leichenbitterin entschädigt. Eine grössere Gemeinde wird in mehrere Kreise geteilt, die unsere in fünf, wird aber nicht streng ingehalten. Ist die Leiche eine unverheiratete Person, so wird deren Sarg mit Kränzen & Grabschriften geschmückt & oft wird auch am Grab ein Lied gesungen. Den Wächtern wird Schnaps & den Leichenbegleitern von vermögenden Leuten Wein, Käse & Brot verabreicht. Nach angehörtem Leichengebet gehen die Verwandten ins Wirtshaus & tun sich gütlich, mitunter werden auch die Träger eingeladen. Am Begräbnisstage geht eine Mannsperson den Anwesenden noch die Hand reichen und (B1_T1_S.066) Spricht: Willkommen! Die angesprochene Person antwortet: 1. Tröst euch Gott in eurem Leid, Gott wöll dass ihr eine fromme Seel im Himmel heit. 2. Tröst euch Gott in eurem Leid, das Kindes Seel im Himmel sei. 3. Für euern Kummer ists mir leid, wolle Gott, dass ihr eine Seel im Himmel heid. Der Hausvater antwortet: Ich danke euch, oder: Gebe wills Gott! Zur angesagten Zeit wird die Leiche unter Glockengeläut zu Grabe geführt oder getragen. Früher wurden nach einander mit zwei Glocken geläutet, jetzt nur noch mit einer. Auch hier ist der Aberglaube nicht verloschen. Folgen die Begleiter zerstreut nach: oder die Glocke tönt gedehnt & nachhallend; oder die Leiche ist noch nicht starr: so deutet das auf einen baldigen Todesfall. (B1_T1_S.067) Am Neujahr Ist es Sitte, dass man entweder mündlich oder schriftlich einander Glück wünscht. Der schöne Brauch verschwindet nach und nach. Wenn man in neuerer Zeit Besuche macht, so läuft man Gefahr für einen höflichen Bettler oder Schmarotzer gehalten zu werden. An Neujahr wird geküchelt; Weissbrot oder Zöpfen gebacken oder gekauft. An der Fassnacht wird ebenfalls geküchelt & gegeuggelt. An der Ostern werden Eiser gesotten, gekritzt, Verslein drauf geschrieben, verschenkt & auch gedüpft. Am weissen Sontag werden Eier gelegt & aufgelesen. Am Schnittersonntag gieng früher die ganze Familie ins Wirtshaus & erquikten sich an einem Glase Wein.
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 28 von 76 Zu früheren Zeiten machten ganze Ortschaften einander Besuche wie 1484. Als die von Willisau an die Kirchweih kamen, ward am Schenkwein für sie ausgegeben 4 Pf. 6 B. & den Pfeifern 6 B. (B1_T1_S.068) 1505. Auf diesjähriger Kirchweih sind viele Benachbarte anher gekommen. Diesen, nebst vielen fremden Pfeifern, die vielen guten Willen erzeigt, ward Wein verehrt. Dem Trompeter von Luzern 1 Pf. 4 B & dem von Bern eben so viel. 1509. Gingen die von Zofingen nach Aarburg. Auch gingen auf die Kirchweih nach Zofingen die von Hauchingen, Lenzburg Aarburg, Olten, Aarwangen, Knutwil, Willisau, Brittnau & Hägendorf; 7 fremde Pfeifer & auch die Herren von Bremgarten. 1510. Gingen die Zofinger auf die Kirchweih nach Schöftland. Die Gemeindebehörde. Von 1623 bis 1798 bestanden Gemeindebehörden aus folgenden Grichten: Chorgericht, Waisengericht, dem Gericht der Vierer & den Dreissigern. (B1_T1_S.069) Obmänner beim Chorgericht waren: 1640 Hans Zimmerli 1645 Jakob Bader, Untervogt 1660 Jakob Bader 1663 Peter Suter, VII.3 1668 Peter Suter, IV.24. 1671. 1694 derselbe 1699 Jakob Zimmerli, Untervogt. 1706 1708 Daniel Hemmann, Untervogt. 1712 1736 Conrad Widmer, Untervogt 1752 Andreas Wullschlegel, Untervogt Vorsitzer im Gericht: 1694. 1696 Peter Suter, Untervogt. X 26, XI.30 1700 Hans Lerch 1706 Jakob Zimmerli 1708 VI.15. Daniel Hemmann, Untervogt 1712 derselbe 1736 Conrad Widmer, Untervogt 1752 Andreas Wullschlegel, Untervogt
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 29 von 76 (B1_T1_S.070) Vorsitzer der Vier. 1694 Peter Suter, Untervogt 1696 Jakob Zimmerli 1706 Daniel Hemmann, bis 1736 1752 Andreas Wullschlegel Das Verzeichnis der Dreissiger, Feuerläufer und Feuerschauer fallt weg. Die bekannten Wirte. 1362 ist Arnold Rappli der erste Rabenwirt in Zofingen 1599 Lienhard Gilgi 1695 Zimmerli Jakob 1713 Schuhmacher Rudolf 1718 Weiss Peter 1719 Schärer Daniel 1724 Mahler Conrad 1728 Buchmüller Salomon 1751 Streit Christian von Ober-Mühlene 1760 Kunz Hr. Jakob, Stöckliwirt in Aarburg 1761 Schärer Samuel, Sagenwirt 1801 – 1818 Brüderli Ulrich zur Sonne 1818 – 1836 Wälchli Johannes (B1_T1_S.071) 1802._XII.31. Buchmüller Samuel. 1871 Pintenzins 92 Gld. 1836 Kunz Johannes 1848 Widmer Salomon 1860 Lerch Bernhard Bitterli Viktor Blattner Rüegsegger Kunz Bernhard Plüss J.J., Artzt Plüss in Mätterwil Bossard Friedrich, Landjäger in Bösenwil Widmer Bernhard, Hausen Moor Samuel, Bierbrauer Hofer Jakob, Gemeinderat Hofer Joh. Dessen Bruder Widmer Jakob, Beck
Museum Brittnau Chronik Stephan Kunz-Suter, 1823-1888 Seite 30 von 76 Plüss Ulrich Graf Wüst Samuel Spychiger Bossard Albrecht Wüst Otto Buchmüller Gotthard Hofer Alfred (B1_T1_S.072) Obervögte 1456. 1490 1508 Nötiger Rudolf, Landwirt zu Aarburg 1572 Felix Schöni 1582 David Michel 1591 Josua Weyherma 1595 Jakob Tiliar 1599 Johann Jakob von Erlach 1635 Obervogt Knecht 1635 J.J. Christopf Cloos, Landvogt zu Wykon 1659 Michael Stettler hat eine Chronik geschrieben zu Oron 1616 1671 Junker Steiger 1694 Franz Emanuel von Lauffen 1696 Johann Rudolf Mathei 1706 Samuel Kilchberger 1716 Philipp Stürler 1736 Obervogt Boudeli 1743 Carolus Mai Zwingherr v. Schöftland 1822 Niklaus Rudolf Haller Untervögte Hs. Jakob Suter 1645 – 1668 Jakob Bader 1668 – 1699 Peter Suter 1699 – 1708 Jakob Zimmerli 1708 – 1736 Conrad Widmer 1736 – 1750 Hans Ammann 1750 – 1752 Hans Ammann 1752 – Andreas Wullschlegel (B1_T1_S.073) Die Seiten 73 – 76 fehlen
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